Donnerstag, 26. Juni 2008

Hündchen

Auf dem Nachhauseweg mit Hartmut entdeckte ich an einer Hausecke einen Mann mit Hundekörbchen. Er hatte davor ein Schild aufgestellt: "Jack-Russell-Terrier zu verschenken". Ich mag diese Art Hund und blieb stehen. Im Körbchen krochen die kleinen Welpen planlos im Kreis herum. Die kleinen Pfoten, die niedlichen Knopfaugen - es passierte sofort. Hund! Sofort Hund! Mitnehmen! Hund! Manchmal hasse ich es eine Frau zu sein, da passieren so Dinge beim Anblick niedlicher Lebewesen, die mich auf ein Existenzminimum katapultieren, in dem es nur zehn Worte gibt. Von denen übrigens jedes zweite "haben" ist. Da stand ich also und starrte und wurde von einem Hündchen ebenso angestarrt. Wir guckten uns minutenlang in die Augen. "Da haben se sich ja ein schönes Tierchen ausgeguckt", sagte der ältere Herr freundlich. Ich nannte das schöne Tierchen im Kopf bereits bei seinem neuen Namen: "Günther". Günther und ich - wir hatten eine tolle Zukunft vor uns. Wir würden im Sommer durch blühende Wiesen toben, im Winter auf der Couch kuscheln und jeden Morgen zum Pieseln auf den Galao-Strich gehen. Günther und ich. Günther guckte immer noch und legte sein Köpfchen ein bisschen schief. Niedlicher ging`s jetzt echt nicht mehr. Als sich mein Verstand kurz zurückmeldete fielen sie mir ein die tausend Gründe:

1. Wasserbetten und Welpen werden niemals Freunde.
2. Hunde sind keine Kuscheltiere, die brauchen Erziehung. Hundeschule einmal die Woche.
3. Freund findet Hunde vielleicht doof und freut sich nicht wenn Günther zur Tür reinkommt.
4. Der alte Holzboden wird Günthers Anfangspipi aufsaugen und übel riechen.
5. Günther will vielleicht spielen wenn ich Yoga machen will.
6. Will ich überhaupt mit Günther spielen wenn ich keine Lust habe?
7. Ich bin doch eigentlich ein Katzentyp. Günther ist ein Hund.
8. Und was is mit Urlaub? Günther muss dann immer mit.
9. Und was das alles kostet...

An dieser Stelle möchte ich abbrechen. Ich nahm Hartmut und fuhr einfach weg. Es ist wirklich besser so. Ganz bestimmt.

Günther, buhuhuhu. Komm zurück!

Dienstag, 24. Juni 2008

Hamburger Schlemmer-Sommer mit Maunamea - Das Brook

Neues Restaurant, neues Glück. Jede Woche ein Gourmet-Fressi-Menü. Heute waren wir im Brook gegenüber der Speicherstadt. Ich hatte es kurz gegen das eigentlich vorgesehene Indochine getauscht, dessen Küche ich eher beknackt finde. Und siehe da: ein guter Tausch. Aber lest selbst:

Gruß aus der Küche:
Ziegenkäse-Bonbon an tropischem Chutney. Oh mein Gott. Bin ich im Himmel? Sowas kann unmöglich von Menschenhand gemacht sein. Der sahnige Ziegenkäse ist lauwarm und schmilzt im Mund während die knusprige Teigschicht ganz tolle Röstaromen präsentiert. Kombiniert mit dem süßen Fruchtchutney aus Mango und noch irgendwas plus einem Hauch Curry ist der Gruß aus der Küche eine kulinarische Rakete (Typ Ariane). Hoffe auf weitere Ziegenkäsebonbons in den Gängen 1 bis 7.

Zweierlei Tuna-Sashimi "heiß-kalt" mit Honig-Soja-Vinaigrette und Avocadocreme:
Da liegt ein kulinarisches Weltwunder auf dem Teller. Die kalte Version ist ein ganz frischer dünn geschnittener Thunfisch in wunderbarer Vinaigrette mit null Fischgeschmack. Die warme Variante, ein "Kügelchen" angerösteter Thunfisch mit einer Doppelhülle aus Algen und drüber ein Mantel aus knusprigem Teig. Ich habe nicht die geringste Ahnung wie so etwas technisch hergestellt wird. Ich möchte sterben. Soviel Leckerheit kann ich nicht aushalten. Die Avocadocreme gibt mir den Rest. Ich sterbe einen Genusstod. Doch was ist das? Da kommt schon der nächste Gang.

Asiatische Spaghetti in Sweet-Chili-Sauce:
Beim Lesen des Menügangs fällt mir sofort die orangene Fertig-Sauce mit den roten Stücken ein, die es beim Chinesen gibt. Ich erwarte den üblich chemisch instantösen Geschmack aber er kommt nicht. Irgendwann muss es doch mal schlechter werden. Doch nicht bei diesem Gang. Tomaten, Ingwer, Frühlingszwiebeln, Soja, Zitronengras und viele weitere Aromen machen diesen Gang zu einer weiteren Offenbarung. Ich möchte den Koch inzwischen ganz dringend heiraten. Die Aromenvielfalt dieser Spaghetti überrascht mich permanent. Auf süß folgt scharf und umgekehrt. Ich definiere im Kopf schnell ein neues Wort: Sürf! Es schmeckt sürf! Herrlich sürf.

Doraden-Filet auf Mulligatawny-Kokos-Risotto mit Zitrus-Chutney:
Mulli was? Egal, rein damit. Das Risotto schmeckt ein wenig zu durch und irgendwie nach Milchreis. Daran ist wohl die Kokosmilch Schuld. Die Dorade ist dagegen wunderbar. Das weiße Fleisch ist zart und frisch. Sehr ordentlich. Das Zitrus-Chutney ist heute aus Tomaten. Macht aber nix. So fertig. Nächster Gang bitte.

Litschi-Espuma:
Das Sorbet von früher ist heute ein Espuma. Und: ich mag es. Sorbets fand ich immer doof. Crushed Eis mit Sirup im schlimmsten Fall is noch Prosecco dran. Da lob ich mir dieses neumodische Molekular-Zeugs. Solange man es nicht übertreibt und in der Küche kein Periodensystem rumliegt, kann man das mal machen. Das Litschi-Espuma ist toll. Geschmack ohne Konsistenz. Also Geschmack in Reinform. Im Mund bleibt nichts übrig als Geschmack. Und ich liebe Litschis. Espuma rockt.

Angus-Rumpsteak in Wasabi-Pankokruste mit Togarashi-Pfeffer-Kartoffelpüree und Teriyaki-Spinat:
Also den Gang hätte ich nicht gebraucht. Ich bin ziemlich satt und die einzelnen Tellerbestandteile sind es auch nicht wert noch reingezwungen zu werden. Der Spinat schmeckt ist aber kalt wie immer. Spinat kann man nicht warm halten. Es tröstet mich, dass nicht nur ich das nicht kann. Das Kartoffelpüree mit Pfeffer ist so gar nicht meins und schmeckt disharmonisch und dann das Fleisch. Suche unter der Kruste nach dem Angus-Steak. Hallo? lo? lo? lo? Da is was rosa aber es schmeckt nur nach Kruste. Die blöde Kruste ist hier als Domina unterwegs und hat den Fleischgeschmack komplett in die Wüste geschickt. Und dabei gemeinsame Sache mit der Sauce gemacht. Nee, hier is kein Fleisch mehr zu schmecken. Das könnte auch gut Waschlappen sein, der hier überbacken wurde. Danke, nein. Räumt das ab. Sofort.

Gratiniertes Limettenparfait mit Topfen-Gnocchis und Rhabarber:
Yes! Limetten und Parfait in einem. Ich sterbe schon vor Glück bevor ich probiere. Das Parfait is perfekt und die frischen Limetten feiern im Mund ein harmonisches Chill-Out mit dem Rhabarber. Zum Schluss noch ein Topfen-Gnocchis. Fein quarkig und zum Glück ziemlich klein macht es sich das süße Ding noch auf den Hüften bequem. Fein. Sehr fein. Limetten-Parfait, möchtest Du die hier anwesende Maunamea zur Frau nehmen und für immer von Dir probieren lassen? Sag ja!

Und sonst: Sehr nettes Ambiente mit gemütlicher rot-schwarz-Einrichtung. Dazu weiße Tischdecken und schönes Licht. Publikum eher international und zufällig in der Gegend. Is aber egal. Das gute Essen lenkt sowieso von allem ab. Bedienung sehr freundlich. An Wein sind leider fast nur deutsche Sorten zu haben.

Das Beste am Abend: Limetten-Parfait? Ziegenkäse-Bonbon? Tuna? Manno.

Montag, 23. Juni 2008

Im Konsum

Am Wochenende war ich mal in Dresden. Zum ersten Mal um genau zu sein. Dresden is mir damals, obwohl ich Ossi bin, komplett entgangen. Dabei ist es wirklich schön da - dagegen kann Hamburg sich mal gepflegt in die Ecke stellen. Okay da gibts Platte, aber die gibts auch in Hamburg abseits der Alster in Form von Hamm, Mümmelmannsberg, Bergedorf usw. Auf meinem Spaziergang durch die Stadt entdeckte ich einen "Konsum". In einem "Konsum"-Laden ging man früher einkaufen. Und man sprach es mit kurzem U aus. Also nich wie "Monsun", sondern eher wie "kurz um". Jaja. Jetzt überlegte ich also ziemlich intensiv warum das früher mit kurzem und nicht wie heute mit langem u ausgesprochen wurde denn eigentlich heißt es doch "Konsuuuhhhm". Das heute total verpönte Wort, das inzwischen nur noch von Systemkritikern wie Tokio Hotel verwendet wird, kannte man wohl damals nicht als solches. Zumindest war die Bedeutung eine andere. Ja, es war auch damals Konsuuuhhm. Aber weil es eben noch nich so viel zu konsumieren gab, sprach man es eben kürzer aus. So muss es sein. Und Konsuuuhhm, wo es heute alles gibt, ist heute eben die Steigerung zu Konsum, wo es damals nix gab. Genau.

Freitag, 20. Juni 2008

Gespräch vor dem Spiel (belauscht)

Typ A: Und wo heute?
Typ B: Jooaah, Portugal oder D?
Typ A: D natürlich. Portugal is mit portugiesischem Kommentar.
Typ B: Ja, stimmt.
Typ: A: Schanze muss man früh da sein.
Typ B: Ja, mindestens Stunde.
Typ A: Rossi?
Typ B: Nee, is drin. Da schwitzt man so. Was is mit Bedford?
Typ A: Nee, blöde Röhre.
Typ B: Und Sul?
Typ A: Nee, blöder Sound. Günnis?
Typ B: Muss man konsumieren?
Typ A: Ja.
Typ B: Und Bier? Fällt auf?
Typ A: Ja, viele Bedienungen, kleiner Laden. Kriegen wir nich durch.
Typ B: Dann bei mir.
Typ A: Okay.

Mittwoch, 18. Juni 2008

Insel des Glücks

Manchmal findet man im Meer des Alltags plötzlich kleine Inseln. Meine fand ich heute Mittag auf einem St. Pauli Dach. Eingeladen wurde ich von der zauberhaften Angelique. Wir ließen uns den Frühlingswind um die Nase wehen, aßen Salat mit Pute, später Erdbeeren und schnackten über dies und jenes. Wir beide da oben auf dem Dach mit der Welt zu unseren Füßen und den Problemen, die von oben ganz klein geworden waren. Leider hatten wir nur eine Stunde Zeit. Und wie es Mihaly Csikszentmihaly in seinem Buch "FLOW - Das Geheimnis des Glücks" schon beschrieb, vergeht die Zeit schneller wenn man glücklich ist. Das Leben ist echt ne Sau.

Dienstag, 17. Juni 2008

Telko um vier

Man kann wirklich lange auf den Start einer "Telko" (für Einsteiger: Telefonkonferenz) warten, wenn vorher nicht festgelegt wurde, wer wen anruft. Und so sitze ich und warte darauf, dass irgendwer anfängt.

Montag, 16. Juni 2008

Hamburger Schlemmer-Sommer mit Maunamea - Das Atlantic

Zum Geburtstag schenkte mir Freund ein wunderbares Gutscheingeschenk: eine Selektion verschiedener Menüs in verschiedenen Restaurants im Rahmen des Schlemmer-Sommers. Heute war der erste Fressi-Termin. Das Atlantic erwartete uns um halb sieben mit einem feinen Menü, dass ich hier wie folgt und auf Heinz Hormännische Art und Weise auseinanderzunehmen gedenke. Also, geht los:

Brot mit Butter oder Schmierkram:
Sehr frisch und lecker. Krosses Brot mit Nüssen oder Kräutern trifft auf Butter. Fünf Punkte.

Gruß aus der Küche:
Creme Brülée von der Entenstopfleber. Eigentlich esse ich sowas nich. Erinnere mich aber an meine Aufgaben als Heinz Hormännin von Welt und zwinge den Mist rein. Schmeckt so mittelgut. Manche stehen da ja total drauf. Ich wohl nicht.

1. Gang: Carpaccio vom Kalbsfilet mit Limonencreme an kleinem Sommersalat mit geröstetem Olivenciabatta
Yoahhh. Das blasse Kalb schmeckt besser als es auf dem Teller aussieht. Sehr zart und mild. Die Limonencreme, die total Oldschool im Tic Tac Toe-Muster aufgemalt ist, schmeckt zart nach Limone. Der Sommersalat ist in einem Happs im Mund. War was? Achso, da liegt noch das Olivenciabatta. Eine krosse Variante von Sponge Bob. Ertrunken in Olivenöl. Finde es müsste "Olivenöl-Ciabatta" heißen.

2. Gang: Filet von der Rotbarbe auf Orangenteerisotto mit glasiertem Thaispargel und Basilikum beurre-blanc
Kumma. Klassischer Fall von Text-Bildschere. Also glasiert is am Thaispargel mal nix und die weiße Basilikum-Butter, die das Restaurant hier vornehm als "Beurre-blanc" handelt, is wohl nich dabei. Statt dessen Sahne. Für mich ein Zeichen für einen sehr jungen Koch. Nur wer jung ist, kocht noch mit Sahne. Erst im Alter merkt man, dass Sahne nur was für Leute is, die gar nich wissen, wie Sachen originalerweise schmecken. Das Risotto schmeckt. Aber nich nach Orangentee. By the way: Wie schmeckt Orangentee eigentlich? Bestimmt nich nach Sahne. Aber da waren wir ja schon. Die Rotbarbe, mag ich, obwohl ich Fisch sehr gern esse, so gar nich. Sehr strenger Fischgeschmack. Esse nich alles auf.

3. Gang: Mit Kräutern gratiniertes Doradenfilet auf mediterranem Gemüsefächer und gebackenen Polentawürfen an Tomaten-Fenchelsugo
Mmmmh. Kann man machen. Durchaus. Die Dorade ist feinfleischig und sehr frisch. Kruste passt auch gut, is aber nicht ganz krustig geworden. Trotzdem ne eins. Am Gemüsefächer, der aus zwei Zuchini-Scheiben und einem Viertel Aubergine besteht, kann ich keinen Fächer erkennen. Und Polenta is ne Wurst. Das Tomatenfenchelsugo kann man so ooch im Supermarkt kaufen. Heißt Tomatenmark. Einfach raus aus der Tube und fertig.

Dessert: Kakaobohnen-Knuspercanneloni mit Pina Coladaschaum an Ananasravioli und Stracciatella-Kokoseis
Dingdong. Wer da? Käsebrötchen aufgebacken als Knuspercanneloni verkauft. Nee, du kannst draußen bleiben. Auch der Schaum offenbart sich mir nicht als umwerfender Genuss. Die Ananasravioli ist im Gelee erstickt und schmeckt matschig. Und nach Ananas. Wenigstes das. Achso, das Beste: das Eis. Sehr kokosnussig und trotzdem schokoladenstückig. Eine Wohltat.

Und sonst: Service mit Stock im Arsch. Ambiente nett - wie ein Abend im Orient Express. Mitgäste sehr alt und mit Seniorentellern zufrieden.

Das Beste am Abend: Freund.

Hartmut und ich auf dem Mt. Everest der Treppen

Der Morgen begann mit einem Kampf. Hartmut (mein Fahrrad) und ich gegen die steile Kellertreppe. Nur damit das gleich mal klar ist: Ich rede hier nicht von irgendeiner Kellertreppe, sondern von der steilsten der Welt. In etwa so scharf ansteigend wie der Mount Everest. Zu allem Unglück hat die Mount-Everest-Kellertreppe auch noch beknackt schmale Stufen, auf denen man selbst mit Schuhgröße 37 nur schwer einen Fuß gerade aufstellen kann. Hartmut und ich also bereit für den Aufstieg. Im ersten Anlauf schaffe ich drei Stufen. Dann befinde ich mich in der Zwickmühle. Keine Kraft mehr und Hartmut sticht mir mit seiner Pedale in die Waden. So kann das nicht gehen. Trete also vorsichtig den Rückzug an. Nach kurzen, nach innen gerichteten, Schreianfällen und Wutausbrüchen versuche ich es wieder. Hartmuts Pedale wird erstmal fachmännisch nach hinten gedreht. Dann los. Schon nach Treppe fünf merke ich wie meine Arme zu Gummi werden. Hartmut wiegt etwa 90 Kilo, ich 50 - es ist und bleibt ein ungleicher Kampf. Erinnere mich dann kurz an all die tollen Sachen, die ich schon geschafft habe und kann für drei weitere Treppen Kräfte mobilisieren. Ich hänge ein Stück über der Hälfte mit Hartmut rechts im Arm und links ziehe ich mich an den Streben Stück für Stück weiter. Gefährlich ist immer der Moment des Loslassen, wenn ich eine neue Strebe greifen muss. Die 20 Zentimeter muss ich mich komplett auf meinen Körper verlassen. Hartmut zieht mich nach hinten. Ich denke daran wie übel es wäre wenn jetzt einer kommt und wie sehr derjenige dann lachen würde über mich und Hartmut wie wir da eingeklemmt zwischen Wand und Geländer die Treppe raufklettern. Kurz bevor ich oben bin, quasi am steilsten Punkt der Treppe, verlässt mich jeder Rest Kraft. Ich möchte laut Hilfe schreien oder Hartmut einfach loslassen. Und plötzlich ist das Vorderrad oben. Mit noch ein bisschen Kraft steht Hartmut plötzlich auf dem Treppenabsatz. Wir werfen noch einen letzten steilen Blick auf den Abgrund hinter uns und ich zittere vor Anstrengung. Gehe nochmal kurz in die Wohnung, um die Klamotte zu wechseln. Stelle fest, dass beide Arme mit blutigen Striemen überzogen sind. Verleihe mir den Reinhold-Messner-Orden und fahre zur Arbeit.

Donnerstag, 12. Juni 2008

Last-Minute-Aufsteherin

In den letzten Tagen bin ich echt zur Last-Minute-Aufsteherin geworden. Das erste Mal wache ich zwar so gegen 06.00 Uhr auf aber dann fängts auch schon an das Dilemma: Wenn ich erstmal wieder bei Bewusstsein bin, spüre ich erst wie gemütlich weich und warm das Bett ist und dann mag ich es so sehr wie draußen die Bäume im Morgenwind rauschen und manchmal gucke ich dann Freund beim Schlafen zu. Dieser Gemütlichkeitsdusel kann dann gern so bis Anschlag 08.00 Uhr andauern. Eigentlich müsste ich um sieben raus. Während ich so vor mich hindöse und alle zwei Minuten den Wecker ausmache, vergeht die Zeit wie im Flug. Und dann ist gerade noch Zeit für Duschen und Anziehen. Zum Frühstück gibts dann Einbrötchen vom Bäcker, das ich schnell essen muss bevor die Kollegen kommen damit se nicht sehen, dass ich jetzt Last-Minute-Aufsteherin bin. Das geht nämlich niemanden was an.

Mittwoch, 11. Juni 2008

Nomen est Novum

Bei frisch verheirateten Kolleginnen beobachte ich ja gern und immer wieder dasselbe Phänomen. Kurz nach der Heirat kommse wieder ins Büro und haben ihren alten Namen abgelegt. Dann kann es nich schnell genuch gehen mit der neuen Email-Adresse, dem neuen Türschild und wehe der alte Name taucht Minuten später noch in einem uralten Dokument auf. Und ganz schlimm: Wehe ein Mitarbeiter spricht Kollegin noch mit dem alten Namen an. Sofort sind die feinen Ehefrauen wer Neues. Die entwickeln dann auch immer so eine ganz besondere Fixiertheit auf ihren alten Namen. Wennse nur den ersten Buchstaben des alten Namens hören, wird schon gekeift: "So heiß ich nicht mehr!" Ich frage mich dann immer: Wenn man 30 Jahre oder mehr mit einem Namen gelebt hat, wieso kann es da nich auch mal drei Tage dauern bis der neue Name in der Firma akzeptiert ist? Wieso? Oder nicht? Oder wie?

Dienstag, 10. Juni 2008

Leichtigkeit des Seins

Nach der Arbeit zog es mich und den Kollegen Tommes noch zum Stadtparksee, ein paar gepflegte Bahnen schwimmen. Auf dem Heimweg war ich so herrlich müde wie man es nur nach Sport ist und träumte an der Ampel so vor mich hin. Aus dem Augenwinkel entdeckte ich wenig später einen uralten Kollegen noch aus Ausbildungszeiten. Ich entschied ihn nicht anzusprechen und guckte ihn von der Seite an. Seinen Wuschelkopf und den gespannten Blick, den er schon immer so hatte. Und mir fielen tausend Situationen ein, die wir damals zusammen erlebt haben. Das Polizeireportageseminar, das erste richtige Meeting und die vielen Tränen, die wir heulten weil Texte nicht gut gefunden wurden. Das alles fiel mir ein und ich mochte diesen Kollegen in diesem Augenblick so sehr wie damals. Als er sich umdrehte und mir direkt ins Gesicht sah, merkte ich, wie auch er entschied, dass zu viel Zeit vergangen war und aus einem "Hallo" schnell ein gestelltes Gespräch werden würde. Er lächelte mich lange an. Er erinnerte sich wohl auch an tausend Dinge. An diesem Abend war ich sehr glücklich. Zwei Menschen und kein Zwang aber lauter schöne Erinnerungen.

Montag, 9. Juni 2008

Schlürfen und schlurfen

Am frühen Nachmittag holte ich mir von oben aus der Teeküche eine Tasse sehr heißes Käffchen. Beim Befüllen hatte ich gar nicht so genau darauf geachtet, sie nicht zu voll zu machen und quälte mich dann mit übervollem Käffchen die Treppe runter zurück ins Büro. Dabei schlürfte ich im Gehen, um die Oberflächenspannung nicht voll auszureizen vom Becherrand und vergaß dabei die Füße in den Sommerschlappen zu heben. Die Mitarbeiter in den Büros die ich so passierte, quittierten meinen Auftritt durchgehend mit Kopfschütteln. Schönes Vorbild bin ich.

Sonntag, 8. Juni 2008

Menschen und Gesten

Manche Gesten an Menschen finde ich ganz großartig und kann mich stundenlang darüber freuen. Erst gestern saß am Nebentisch in einem Restaurant ein Mann mit seinem Freund, mit dem er gern und sehr laut lachte. Als ich ihn dabei freudig beobachtete, fing er meinen Blick auf und kniff die Augen zusammen. Ein Stereo-Augenzwinkern sozusagen. Die Geste fand ich ganz herzallerliebst.
Neulich im Seminar entdeckte ich am Seminarleiter auch eine ganz wunderbare Geste. Wann immer er etwas erklärte, nickte er in die Runde und riss dabei die Augen auf. Ich fand das Nicken sehr niedlich und mochte den Seminarleiter gleich noch ein Stückchen mehr.

Samstag, 7. Juni 2008

Nach Hause

Auf dem Newarker Flughafen zeigt Freund plötzlich auf eine dicke (sehr dicke, also wirklich dicke) Frau. "Guck mal, das Monster da - Wahnsinn. Sowas hab ich ja noch nie gesehen." Ich gucke kurz von meiner New-Yorker-Yoga-Zeitschrift hoch und registriere eine tatsächlich sehr dicke Frau. Vertiefe mich dann aber wieder in den Artikel über Reinigungsatmung. Freund erwähnt noch mehrfach die unglaubliche Dickheit. Im Flugzeug sagt Freund plötzlich "Guck mal, das Monster ist ja im Flugzeug." Gucke kurz von einem Yoga-Wettbewerbs-Artikel hoch und sehe die Dicke im Gang stehen. Wenige Minuten später stellt die Dicke ihre Tasche auf den Sitz neben Freund. Freund und ich gucken uns angsterfüllt an. "Die geht bestimmt gleich weiter", flüstere ich. Die Dicke steckt ihr Flugticket in die Sitztasche. Damit ist es klar: Freund wird neben dem Monster sitzen. Neun Stunden. Am Stück. Die Dicke quetscht sich in den Sessel. Etwa ein Viertel der Körpermasse quillt leider auf Freunds Sitz. Ich rücke nach außen und mache Platz für mehr Komfort für Freund. Die Masse quillt nach. Ich muss mehrfach Pipi, verkneife es mir aber. Nach neun Stunden, einer Blase kurz vor dem Platzen und einem Körpergefühl wie nach einer Nacht Ein-Meter-Bett sind wir da. Danke Gerechtigkeit.

Dienstag, 3. Juni 2008

New York Diary pt 5

Den heutigen Tag beginne ich mit einem Vers an das Ein-Meter-Bett:

Ein-Meter-Bett, Ein-Meter-Bett
Matratze hart wie Brett
Kissen riecht nach Mett
Ein-Meter-Bett, Ein-Meter-Bett
mit Dir isses Scheiße von A-Z.

Der Morgen beginnt mit Ganzkörperspasmen. Habe die ganze Nacht Raufasertapete inhaliert. Freund hat prima geschlafen. Natürlich. Nach kurzer Dusche geht’s los. Diesmal haben wir ein jüngst gesehenes Frühstückscafé im Auge. Auf der Speisekarte steht French Toast mit Grand-Marnier-Erdbeeren. Als wir den Laden endlich erreichen, gibt’s heute kein Frühstück. Memorial Day. Mannn! Hungern weiter und latschen ins Nirvana. Irgendwann die Rettung: die Magnolia Bakery. Bekannt aus Sex and the City. Und für ihre legendären Cupcakes. Muffins mit fettiger Fettcreme und Fett obendrauf. Kaufe einen zur Recherche. Dann noch Magic Cookies ohne Drogen aber mit viel Fett. Und Kokos. Also auch Fett. Die Recherche schlägt sich direkt auf die Hüften. Niedlich die kleine Bäckerei. Omma-Vorhänge wehen im Wind und die Verkäufer sind charmant. Mag ich. Sehr warm heute. Habe jetzt auch Zuckerschock und muss mit einer Spontan-Diabetes leben. Freund will nach China Town. Da war ich nu gerade im Oktober aber wenn Freund will dann will er. Fahren also nach China Town. Kaufe eine selbst gemachte Lemonade. Trotzdem will ich heute nicht mehr. Die Stadt fängt an zu nerven. Vor allem Hitze und das ständige Gelatsche. Da die Rettung. „Wolle Massage?“, fragt ein dürrer Chinese und fängt parallel schon an, meine Shopping-Tüten geplagten Schultern zu bearbeiten. Und wie ich wolle. Ein kurzer Satz und schon liege ich auf dem Massagegerät. Ein gynäkologischer Stuhl bloß umgedreht. Herr Chinese gibt alles und findet auf Anhieb die Schuhtüte von Kenneth Cole, die Schuhtüte von ShoeMania und die Klamottentüte von Abercrombie in meinem Kreuz wieder. Ein Kenner! Nich so gut gefällt mir die anschließende Handkantentechnik mit der Herr Chinese offensichtlich meinen Schädel zu spalten gedenkt. Danach bin ich wieder im Lack. Beim Bummel entdecken wir noch einen Fischspezialitäten-Geschäft. Spezialität: Frösche. Gerade wird ein Kunde bedient und wählt sich pralle Exemplare aus. Die Verkäuferin knetet das hässliche Ding sehr heftig und unter dem gespannten weißen Bauch treten die Organe hervor. Noch mehr Druck und das Ding platzt. Mir is übel und ich empfinde großes Mitleid für die Frösche, die in der Plastiktüte dämlich aus der Wäsche gucken. Wahrscheinlich hätten sie heute Morgen noch nicht gedacht, dass sie heute mit Currysauce serviert werden. Dann Soho. Nett da. Nehmen Platz in einem Café und bekommen lustlos Eiskaffee und rosa Brause lauwarm hingestellt. Trinken aus Hass und Rache extra langsam und geben wenig Tipp. Soll doch die blöde Kellnerkuh verhungern. Dann wieder Central Park. So zum Abschluss. Morgen geht’s ja schon nach Hause. Eine Nacht noch im Ein-Meter-Bett.

Montag, 2. Juni 2008

New York Diary pt 4

Meine Herren, Einzelbetten sind wirklich nicht für zwei gemacht. Mein Oberschenkel weist ein merkwürdiges Muster auf. Ich rätsele lange ob es jetzt die Raufaser-Tapete ist, die sich über Stunden aufgrund der Enge in meinen Körper gedrückt hat oder ob der New York Cheese Cake erste Wirkungen zeigt. Egal. Erstma duschen. Frühstück gibts im Starbucks unten an der Ecke. Biete Freund fünf Euro wenn er jemanden fragt ob es hier in New York auch Starbucks gibt. Hahaha. Überlege ob man mit einem Starbucks-Getränk solange hinkommt wie man Zeit zum nächsten Starbucks braucht. Finde ja. Heute steht Museum auf dem Plan. Shoppen is erstmal genuch. Wir gehen ins Museum of Natural History. Moma kann jeder. Merke, dass es langweilig ist ausgestopfte Tiere hinter Glas anzugucken wenn man die schon mal live gesehen hat. Gähne ausgiebigst. Freund sagt im Sekundentakt "Boring." vor Menschenmengen und findet es sehr lustig. Lache mit. Haben mit dem Museum auch die Space Show im Planetarium gebucht. Versinken im Sessel und lassen uns erklären, dass es kein Leben auf dem Mond gibt und gab und demnächst erstmal kein Komet auf der Erde einschlagen wird. Faszinierend. Man kann immer noch viel lernen auch im Erwachsenenalter. Bevor ich noch müder werde, ist die Space Show zu Ende. Gehen uns noch die Dino-Abteilung angucken. Langweilig. Fassen noch ein abgegrabbeltes Original-Dinoei ein und verschwinden in die Freiheit. Meatpacking-District steht auf dem Programm. 14. Straße. Wir nehmen einen Bus. Heute is mir den ganzen Tach übel. Habe noch Sodbrennen vom Vanilla-Latte. Mein Körper gewöhnt sich auch noch an die hohen Dosen Fett. Und während wir da so im Bus sitzen und mindestens eine Stunde brauchen bis zur 14. Straße wird mir immer übler. Als ich daran denke doch zu Fuß zu gehen, sind wir endlich da. Und was sehe ich? ShoeMania! Ein Laden der so heißt, MUSS von mir betreten werden. Mir is plötzlich nicht mehr übel. Ich will Schuhe. Kaufe Converse für 39 Dollar und fühle mich dank starker Währung mächtig. So müssen sich Norweger in Polen fühlen. Im Meatpacking District schlägt uns direkt Authentizität entgegen - in Form starken Müllgeruchs. Wir nehmen Platz im Spice Market und lassen uns ein Drei-Gänge-Menü servieren. Mango-Salat, Ente in Curry und Huhn (verbrannt). Danach Thai Juwels in Kokosnusseis. Bis auf das verbrannte Huhn alles super. Schleiche mich aufs Klo als die Rechnung kommt. Super Trick. Klappt immer. Entdecken den Meatpacking Discrict und fahren schließlich nach Hause. Abends gehts nochma los. Nach Greenwich Village. Freund is nach Jazz. Im Blue Note will man 30 Dollar pro Person für einen Platz an der Bar. Da nützt auch die Währung nix, finden wir doof und ziehen wieder ab. Landen im Blues Club. Musik is mittelmäßig, bleiben aber bis zur ersten Pause. Bei "Mustang Sally" singen alle mit. "Ride Sally, ride..." Hahaha. Wir reiten auch. Nach Hause. Taxi is nich. Kriegt man in Greenwich Village nich. Wir laufen also stundenlang durch die dunkle Nacht und finden irgendwann eins. Ein-Meter-Bett wir kommen!

Sonntag, 1. Juni 2008

New York Diary pt 3

Tach des Auszugs. Auf Wiedersehen teures Time-Hotel. Die Rezeptionsdame fragt zum Abschied noch ob irgendwas schief gelaufen ist und sie was hätten besser machen können. Freund und ich trauen uns nicht zu sagen, dass die Nacht im Time-Hotel uns jedes Mal vier paar neue Schuhe kostet. Schütteln also den Kopf, erzählen was von veränderten Reiseplänen und hauen ab. Der Doormen winkt ein Taxi ran und schon sind wir unterwegs zur Upper West Side, unserem neuen Zuhause. Dort werden wir auch freundlich empfangen und sogar der Schlüssel liegt unterm Schirmständer. Freund hatte kurz Panik, dass der dort nicht liegen könnte und wir komplett heimatlos wären. Is aber alles gut. Freund und ich müssen jetzt näher zusammenrücken und beziehen unser Kinderzimmer inklusive Kinderbett von einem Meter Breite. Egal. Kostet nix. Einem geschenkten Gaul soll man nicht und so, ne. Machen uns also auf den Weg zum nahe liegenden City Diner, um uns die Bäuche wieder mit fettgetränkten Spezialitäten vollzuschlagen. Freund wählt Rührei mit italienischer Wurst, ich nehme zwei Eier und Toast. Auf die Frage wie ich meine Eier mag bin ich kurz verwirrt. Wie kann man seine Eier mögen? Was auf den Tisch kommt wird gegessen. Soviel Entscheidungsfreiheit beim Essen macht mich wirr. Nehme Eier einmal umgedreht (turned). Die geturnedten Eier kommen dann mit einer Sättigungsbeilage von Bratkartoffeln. Ein gezielter Schnitt in den Mittelpunkt des Eigelbs, lässt nicht nur dieses herausquellen, sondern bringt auch das Bratfett ans Tageslicht. Die ölige Fettsuppe läuft auf dem Teller hin und her. Bin satt ohne zu essen. Da hilft nur Shopping. Im Mac Store stehen Freund und ich dumm rum und glotzen beknackt. Es gibt hier ja gar nichts Neues oder Unerwartetes. Nee, lass ma. Wir drehen dem Blendershop den Rücken und gehen wieder nach oben. Nächste Station: Tiffanys. Man kann auch ohne Heiratsversprechen Ringe geschenkt bekommen. Freund und ich suchten einen einfachen Ring mit feinem Diamanten aus, den ich dann romantisch vor dem Klo angesteckt bekam. Das is Liebe. Da stört man sich auch nicht an solchen Randparametern. Danach zurück zum Columbus Circle, unserem Lieblingsplatz. Im Whole Food Supermarket gibts alles was das Fressiherz begehrt. Kaufen Sushi und chillen im Central Park. Überlegen fieberhaft wie wir schnellstmöglich in New York sesshaft werden könnten. Uns fällt nichts ein.